Der geheime Regierungsbunker an der Ahr

Da wir in diesem Jahr keine große Reise geplant haben, werden wir unseren Urlaub auf der Terrasse und mit einigen Tagesausflügen verbringen. Begonnen haben wir vor zwei Wochen mit einer Kanutour auf der Lahn. Vergangene Woche führten uns unsere Urlaubsaktivitäten, und ein spannender Teil der deutschen Geschichte, ins schöne Ahrtal.

Mit vielen anderen Besuchern besichtigten wir den ehemals geheimen Regierungsbunker. Im Kalten Krieg als Zufluchtsort für die deutsche Bundesregierung geplant, dient dieser beeindruckende Bunker heute als Museum. Der Eingang liegt noch immer gut versteckt im Wald von Bad Neuenahr-Ahrweiler. Dennoch finden jährlich etwa 80.000 Gäste den Weg zu dieser interessanten Dokumentationsstätte. Wir hätten jedenfalls nicht gedacht, dass auch unter der Woche dort so ein Andrang herrscht.

Der Bunker kann nur im Rahmen einer Führung betreten werden. So erwarben wir unsere Tickets und warteten im Schatten der Bäume vor dem Eingang darauf, dass unsere Gruppe aufgerufen wurde. Verkürzt wurde uns die Wartezeit von einem netten, mitteilsamen Herrn (selbst Gästeführer im Bunker), der uns vorab schon viele spannende Infos zum Regierungsbunker verriet. So erfuhren wir beispielsweise, dass das Museum durch den Heimatverein "Alt-Ahrweiler e.V." getragen wird und alle rund 80 Gästeführer ehrenamtlich (lediglich für eine kleine Aufwandsentschädigung) dort arbeiten.

Als unsere Gruppe aufgerufen wurde, befanden wir uns mit Betreten des Gebäudes in einer anderen, kalten Welt. Kalt in zweierlei Hinsicht: erstens herrschen in dem Bunker tatsächlich nur 12 °C, zweitens strahlen die Gänge und Räume des Gebäudes durch ihre Bauweise und Ausstattung eine zusätzliche Kälte aus. 

Unsere Gästeführerin war eine echte Gräfin und versorgte uns sogleich mit ersten geschichtlichen Daten und Fakten. Ursprünglich befanden sich auf dem Areal des Bunkers mehrere Eisenbahntunnel, die aber nie als solche genutzt wurden, sondern im Laufe der Zeit unter anderem als Champignon-Zuchtstätten und Zufluchtsort während des Krieges zweckentfremdet wurden.

Als Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg der NATO beitrat, bestand eine Voraussetzung für den Beitritt darin, einen atomsicheren Bunker zum Schutz der Bundesregierung zu errichten. Aus diesem Grund entstand im Geheimen (soweit das bei einem Bauprojekt mit diesem Umfang möglich ist), zwischen 1960 und 1972 der Regierungsbunker im Ahrtal, bestehend aus einem Tunnelsystem mit einer Gesamtlänge von über 17 Kilometern.

Der Bunker wurde damals nach den neuesten, technischen Kenntnissen erbaut und ausgestattet. Feuerfeste Tore aus Beton, die etwa 27 Tonnen wiegen, sollten die Insassen des Bunkers schützen und Dekontaminierungsschleusen radioaktive Substanzen entfernen.  Aber schon damals wusste man wohl, dass der Bunker einem Angriff mit Atombomben nicht unbedingt standhalten würde.

Errichtet und ausgestattet wurde der Bunker so, dass insgesamt etwa 3.000 Menschen etwa einen Monat lang autark in dem Komplex überleben und gleichzeitig die Regierung handlungsfähig bleiben könnte. Daher gab es eine eigene Luft-, Strom- sowie Wasserversorgung und jeweils etwa 900 Büro- und Schlafräume. Zur Versorgung der Bewohner wurden Krankenstationen, Zahnarztpraxen, Kantinen und sogar ein Frisörsalon eingerichtet. 

Lediglich dem Bundespräsidenten und dem Bundeskanzler standen ein Einzelzimmer zur Verfügung. Familienmitglieder erhielten im Ernstfall übrigens keinen Unterschlupf in dem Bunker. Dieser war nur für die Mitglieder der Regierung sowie deren Angestellten und dem Personal vorgesehen. Glücklicherweise kam der Bunker jedoch niemals zum Einsatz, außer zu Übungszwecken. Denn alle zwei Jahre fand in dem unterirdischen Gebäudekomplex eine zweiwöchige Übung unter realen Bedingen statt. Das bedeutet, dass 14 Tage lang etwa 3.000 Menschen im Bunker eingesperrt wurden und den Ernstfall, den so genannten V-Fall (Verteidigungsfall), probten. In dem Bunker gab es, laut unserer Gästeführerin, immer einen enormen Vorrat an Beruhigungsmitteln. ;-)

Bis zur Schließung im Jahr 1997 arbeiteten ständig zahlreiche Angestellte in dem unterirdischen Tunnel - 365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag. Sie kümmerten sich um die Instandhaltung der Bausubstanz, der technischen Ausstattung und Auffrischung der Verpflegung, so dass der Bunker jederzeit hätte bezogen werden können.

Nach der Stilllegung der Anlage wurde der Rückbau des Bunkers beschlossen. Kurz bevor dieser vollendet war und alle Tunnel restlos entkernt wurden, entschied man sich zur Erhaltung von ca. 200 Metern des Tunnelsystems als Museum.

Nach etwa 1,5 Stunden beendeten wir, trotz Jäckchen ein wenig durchgefroren, die spannende und aufschlussreiche Reise durch die Vergangenheit. 

Bei einem kleinen Bummel durch den historischen Stadtkern von Ahrweiler, der noch heute von einer alten Stadtmauer umschlossen wird, genossen wir die wärmenden Sonnenstrahlen und die sommerliche Stimmung zwischen all den anderen Touristen.

Wir schlenderten durch die Straßen, vorbei an urigen Fachwerkhäusern und hübschen Läden und ließen uns ein wenig treiben. Auf dem Marktplatz gönnten wir uns zum Abschluss noch einen leckeren Eisbecher und machten uns anschließend gemütlich auf den Weg nach Hause. 

Auch wenn eine Reise in fremde Länder immer sehr aufregend und erlebnisreich ist, sollte man die Ausflüge in die Heimat nicht unterschätzen. Direkt vor der Haustüre liegen oftmals richtig spannende und ungeahnte Abenteuer, wundervolle Orte und beeindruckende Landschaften. Kommende Woche werden wir wahrscheinlich in die Pfalz fahren und uns dort den Baumwipfelpfad und den "Teufelstisch" anschauen. Natürlich werde ich auch davon gerne berichten. 

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